Überblick
- Wie es begann – Die Entstehung des Blauen Kreuzes in der Schweiz
- Das Rettungswerk beginnt in Deutschland
- Die Gründung des Blauen Kreuzes in Leipzig
- Aller Anfang nach 1945 war schwer
- Das Blaue Kreuz Leipzig e.V. wird neu gegründet
- Blaues Kreuz Leipzig e.V. wächst- Leipzig Grünau
Wie es begann – Die Entstehung des Blauen Kreuzes in der Schweiz
von Petra Benkenstein
Jeder weiß, dass ein rotes Kreuz auf weißem Grund das Symbol für ein Werk ist, das medizinische Hilfe leistet, akut Kranke oder Verletzte in die Krankenhäuser transportiert, notversorgt und damit Leben rettet.
Entsprechend wählen Menschen, die sich „auf den Kampfplatz des Lebens begaben, um die Opfer des Alkoholismus zu retten“, ein blaues Kreuz als Zeichen ihrer im Dienste Gottes stehenden Arbeit.
Im Jahre 1881 machte eine Mäßigkeitsvereinigung in der französischen Schweiz von sich reden. Kleine Rettungskorps mit dem blauen Kreuz zeigten sich überall dort, wo Trunksuchtverwundete waren.
Es wird Hoffnung erwachen, und glücklich ist der zu nennen, dem es gegeben wird, nach Kräften sich an dieser Arbeit zu beteiligen. Der erste Verein des Blauen Kreuzes entstand im Herbst 1877 auf einem Sittlichkeitskongress in Genf. Pfarrer Louis-Lucien Rochat war es, der auf diesem Kongress zum Thema „Trunksucht und ihr wahres Heilmittel“ sprach. Man entwarf eine Enthaltsamkeitsverpflichtung, die dazu aufrief, einen Versuch der gänzlichen Abstinenz zu wagen.
Oberster Grundsatz der Tätigkeit aller Blaukreuz-Vereine wurde dieser: „Trinkerrettung mit der Hilfe Gottes und seines Worts“.
Das Rettungswerk beginnt in Deutschland
Breits in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Deutschland und beim ermsten Teil der Bevölkerung das Unheil des Alkoholismus. In dieser Zeit entstanden dann auch die ersten Mäßigkeits- und Enthaltsamkeitsvereine, um dieses Elend lindern zu helfen.
Ganz entscheidenden Teil am Fortschreiten der Arbeit des Blauen Kreuzes in Deutschland hat ein Mann, der selbst an Alkohol gebunden war und mit Gottes Hilfe davon frei werden durfte: Curt von Knobelsdorff. Sein Engagement in der BK-Arbeit begründete Knobelsdorff einmal so: „Der Herr hat mich gerettet und seit jenem Tag ist kein Tropfen Alkohol mehr über meine Lippen gekommen. Ich bin dem Blauen Kreuz beigetreten und habe mein Leben in dessen Dienst gestellt.“
Die Gründung des Blauen Kreuzes in Leipzig
Von der Öffentlichkeit unbeachtet und bescheiden war der Beginn der Blaukreuzarbeit in Leipzig. „Trunksucht und Evangelium“ lautete das Thema einer kleinen Versammlung, die sich am 31. Oktober 1893 im Saal in der Poststraße 12 zusammengefunden hatte. Die Anregung kam von einem jungen gläubigen Schlosser, Heinrich Falkeisen aus Bielefeld, der sich arbeitssuchend in Leipzig aufhielt. Die Trunksucht seines Vaters lag ihm schwer am Herzen. Nach mehr als 13 Jahren hatte er die Nachricht des Vaters erhalten, dass dieser durch das Blaue Kreuz von seiner Trunksucht befreit worden war. Die Treffen wurden von immer mehr Trinkern besucht und es wurde notwendig, einen zweiten Verein Blaues Kreuz zu gründen.
Die Jahre 1903 bis 1918 brachten ein reges Vereinsleben. Geheimrat Fritzsche war es zu verdanken, dass es 1910/11 zum Bau des Vereinshauses und des Männerheims in der Demmeringstraße kam. Auch das äußere Vereinsleben entwickelte sich. So entstand in Leipzig-Lindenau eine Kaffeehalle, eine alkoholfreie Trinkhalle und ein alkoholfreies Speisehaus in der Otto-Schill-Straße.
Oberkirchenrat Schumann weihte 1932 neue Räume in der Hindenburgstraße ein. Oftmals haben die Blaukreuzgruppen in Leipzig aus politischen Gründen in die Räumlichkeiten wechseln müssen. In all den Jahren wurde der Blaukreuzgedanke in Versammlungen, Sprechstunden und anderen Veranstaltungen, durch Hausbesuche und Schriftenverbreitung in weite Kreise Leipzigs getragen. Vielen Trinkerfamilien ist das Blaue Kreuz zum Segen geworden.
Aller Anfang nach 1945 war schwer
von D. Kappler
Nach 1946 waren im Osten Deutschlands alle Vereine verboten. Möglichkeiten der Arbeit mit Suchtkranken, nach einer langen Phase der Schaffung des Notwendigsten um zu überleben, im Sinne des Blauen Kreuzes begann erst für uns nach 1970. In der Diakonie in der Gruppe „Arbeitsgemeinschaft zur Abwehr der Sucht“ – kurz AGAS. Einer der ersten war Dieter Kappler:
„Der Anfang in Leipzig 1974 war nicht leicht. Ich kam von der Bibelschule Falkenberg mit nur wenig praktischer Erfahrung in die AGAS-Arbeit. Die AGAS-Arbeit in Leipzig war geprägt durch die jahrelange, treue Arbeit von Paul Wäsch. Er war selbst ein geretteter Alkoholiker, der bis ins hohe Alter hinein (Anfang 70) in Leipzig gearbeitet hat.
Die Aufgaben der ersten Zeit waren, die Gruppe, den Kreis, die Helfer und die Betroffenen kennen zu lernen. Mir zur Seite stand ein Kreis treuer alter BK-Geschwister, die in der Nachkriegszeit eine Suchtarbeit mit Oberkirchenrat H. Schumann in Leipzig wieder aufgebaut hatten. Nur einige Namen: Paul König, Johanna Thomas, Helene Hermann, Walter Fischer. Anfang der Siebziger kamen noch einige gerettete Alkoholiker und Helfer dazu: Gerhard Reh, Karla Voigt verh. Becker, Erika und Günther Schmidt.
Es begann die Kleinarbeit, Alkoholiker besuchen, Kontakte zu staatlichen Stellen aufbauen, Gemeinden (Freikirchen und Kirchgemeinden) ansprechen und über Suchtarbeit informieren. Die AGAS-Gruppe wurde größer und zog von der Otto-Schill-Straße 1982 in den Christlichen Volksdienst um. Bruder Ilberg wurde als Prediger in den Christlichen Volksdienst berufen. Viel Unterstützung erfuhren wir durch die Innere Mission Leipzig. Insbesondere Missionsdirektor Pfarrer Vogel unterstütze unsere Arbeit.
Manch ein Alkoholiker konnte in der Otto-Schill-Straße auf dem Boden unserer Wohnung Unterkunft und Verpflegung finden. In der vielen Kleinarbeit, aber auch in Zeiten von Enttäuschung und Rückschlägen, erlebten wir immer wieder die Treue und Liebe Gottes. Ihm können wir nur danken und im Rückblick auf die letzten 20 Jahre die Ehre geben.“
Die Arbeit der AGAS in den folgenden Jahren bis 1990 wurde im Wesentlichen in den 13 geschaffenen Selbsthilfegruppen und der Dienststelle geleistet.
Das Blaue Kreuz Leipzig e.V. wird neu gegründet
Die Arbeit der AGAS wird im November 1993 wieder von dem Blauen Kreuz Leipzig e.V. geleistet. Der Verein hat sich neu gegründet und feiert im gleichen Jahr sein 100-jähriges Bestehen.
Wir sind wieder ein Verein, dem die Gemeinnützigkeit/Mildtätigkeit vom Finanzamt zuerkannt ist. Unser Verein wird von zahlreichen Mitgliedern und einer noch größeren Zahl von Freunden wie Angehörigen von Betroffenen des Blauen Kreuzes getragen.
Unsere Arbeit ist durch die Stadt Leipzig und vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie seit Jahren anerkannt und gefördert.
Das Blaue Kreuz Leipzig e.V. wächst – Leipzig Grünau
Schon länger beobachten wir, dass der Bedarf im Stadtteil Leipzig- Grünau dringend einen eigenen Standort braucht. Die Nachfrage ist sehr hoch. So entwickelte es sich zum Herbst 2020, dass der ehemals selbst drogenabhängige Maik Löwen, mittlerweile seit mehreren Jahren frei, selbst in Grünau lebend mit seiner Familie, am Standort Evanglische freikirchliche Gemeinde „Oase“ (Karlsruher Str. 29 in 04209 Leipzig) seine Beratungsstelle einrichten konnte. Von dort aus betreibt er neben Beratung und Seelsorge auch Streetwork.